Dies taten die Saulburger Grundholden auch. Achtzehn von ihnen, nämlich Hanns Strigl, Leonhart Gryef, Hans Öttl, Michael Wiser, Steffan Paur und Wolfgang Beylholmayr aus Geßmannszell, Michael Prichenwag, Hanns Haytzer, Georg Podenwerger, Wolfgang Prichenwag und Jacob Zeydler zu Duerstorff (Thurasdorf), Hanns Paumgartner, Andre Schreiner, Michael Turmayr, Wolf Erl und Hans Erl aus Abenzell (Apenzel), Peter Hännsl und schließlich Caintz Voglsanger vom Vogelsang brachten die Angelegenheit vor die herzogliche Regierung in Straubing (Die übrigen Saulburger Hofmarksuntertanen beschwerten sich ihren Angaben zufolge nur aus dem Grunde nicht, weil sie als Diener oder Forstknechte in Ettlingers Diensten standen).
Die Beschwerdeführer verwiesen auf den Rezeß vom Jahre 1551, der es ihnen, armen Untertanen, die nur kleine Gütl hätten, erlaubte, außer ihrem Eigenbedarf noch ein, zwei oder drei Klafter Holz nach Straubing zu verkaufen, damit sie ihre hohen Abgaben umso leichter leisten könnten. Wenn dem Hofmarksherrn von der Regierung nicht Einhalt geboten werde, sähen sie sich gezwungen, ihre Gütl zu verlassen. Die Beschwerdeführer baten, sie nach altem Herkommen in ihren vererbten, mit Marksteinen oder Markstecken versehenen Holzanteilen zu belassen und dem Hofmarksherrn zu verbieten, weiterhin in ihren Holzanteilen Holz zu fällen. Dieser wolle dadurch nur seinen eigenen Wald schonen.
Daraufhin wurde der Hofmarksherr Jörg Ettlinger von Amts wegen zu einer Stellungnahme aufgefordert. Bis zur Klärung möge er mittlerweile jegliche Beeinträchtigung der Untertanen unterlassen.
Hofmarksherr Jörg Ettlinger seinerseits beschimpfte die Supplikanten in mehreren Schreiben an die Regierung in Straubing als ganz und gar ungehorsame und Rebellische Unnderthonen. Sie kümmerten sich nicht um ihn als ihre ordentliche von Gott eingesetzte Ordnung. Obwohl er ihnen den Verlust ihrer Erbgerechtigkeit (= Recht, den Hof weiter zu vererben) angedroht habe, gäben Sie nichts darauf, zeigten nur Hochmut und Frevel. Auch Einsperren helfe nichts bei den geringen Strafen. Die Kläger seien junge Rädelsführer, hielten heimlich Rat und hetzten auch andere gegen ihn auf. Einige seien Freistifter, d. h., sie bewirtschaften den Hof nur ein Jahr, ruinierten in der Zeit das Holz, so daß der Nachfolger keinen Nutzen mehr habe. Manche hätten einen Hof gekauft, aber nicht bezahlt und gäben ihn völlig heruntergewirtschaftet wieder zurück. Er wolle nur nicht die Hölzer durch zu großen Holzschlag veröden lassen. Auch gestehe er künftig nur mehr denen Erbgerechtigkeit auf die Hölzer zu, die Briefe und Siegel aufweisen könnten. Daß er der Hofmarksherr, Holz für das Schloß im Allmendewald hatte schlagen lassen, erwähnte Ettlinger mit keinem Wort.
Im Dezember 1569 konnten die Saulburger Hofmarksuntertanen einen großen Erfolg verbuchen. Die herzogliche Regierung von Straubing bestätigte ihnen, daß sie gemäß des Rezesses von 1551 Macht haben, in ihren vererbten und aufgezaigten Höllzern das Prenn unnd Zaunhollz nit (nicht) schachtenweis (= im Kahlschlag), sondern zimtlieh (geziemend), damit die Höllzer nit verödiget werden, abzuhauen und zu verkaufen. Im übrigen sollten sie sich der Policei gemeß halten. Dem Ettlinger aber wurde eröffnet, daß die Bauern das gefällte Holz unverwehrt verkaufen dürften. Doch mit dieser Entscheidung war der Streit zwischen dem Hofmarksherrn und den Hofmarksuntertanen nicht beendet. Er schwelte weiter. Daher ordnete die Regierung von Straubing an, einen Zeitpunkt für einen Lokaltermin festzulegen, zu dem beide Parteien zu erscheinen hätten, um eine gütliche Vereinbarung zu treffen. Anscheinend zeigte Ettlinger wenig Interesse für einen Kompromiß. In einem weiteren Schreiben vom Oktober 1570 drängte die Regierung erneut auf die Festlegung eines Lokaltermins, solange es das Wetter noch erlaube. Wenn Ettlinger nicht erscheine, sollten die fürstlichen Räte allein Augenschein, nehmen und dann eine Entscheidung fällen. So geschah es allem Anschein nach auch und der Erfolg scheint wieder auf Seiten der Hofmarksuntertanen gewesen zu sein. Denn im März 1571 richtete Ettlinger empört einen weiteren Brief an die Regierung, schlug jetzt von sich aus einen Lokaltermin vor, teilte außerdem mit, daß er zwei 60 und 70 Jahre alte Hofmarksuntertanen habe, die genau wüßten, wie es früher in der Hofmark betreffs der Hölzer gehalten worden sei. Er habe unter Vorlage uralter Sal- und Urbarsregister gebeten, ihn seiner uralten Holzrechte nicht zu entsetzen. Doch nach Anhörung seiner Untertanen sei diesen auf Beschluß der Regierung das Eigentum auf die Hölzer zuerkannt worden, ihm aber sei kein Steudl Hollzs (Staude Holz) zugestanden worden.
Die Auseinandersetzung der Saulburger
Hofmarksuntertanen mit ihrem Hofmarksherrn und das
Verhalten der herzoglichen Regierung in diesem Streit
gibt uns einen der vielen Gründe an, weshalb Bayern
Anfang des 16. Jahrhunderts, von den blutigen
Bauernkriegen verschont geblieben ist. Wohl versuchten
auch in Bayern Hofmarksherren, weltliche wie
geistliche, den Untertanen die Allmende - wie die
obige Auseinandersetzung zeigt - gelegentlich streitig
zu machen. Doch in Bayern waren die Untertanen solcher
Willkür nicht schutzlos ausgeliefert. Sie konnten sich
bei der Regierung beschweren und es wurde ihnen, wie
der Fall von Saulburg beweist, auch meistens Recht
zugesprochen, wenn sie im Recht waren. In Bayern
hatten es die Untertanen besser.
(Staatsarchiv Landshut Rep. 97 F. 724 Nr. 30).